Wissen­schaft­licher Hintergrund



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Einführung in die genetischen Grundlagen

Ein DNA-Vaterschaftstest wird anhand von Analysen der Erbsubstanz, der Desoxyribonukleinsäure (engl. deoxyribonucleic acid, DNA), durchgeführt. Bei DNA handelt es sich um so genannte Makromoleküle, die aus vier Grundbausteinen bestehen, den Nukleotiden Adenosin (A), Thymidin (T), Guanidin (G) und Cytidin (C). DNA liegt meist als Doppelstrang vor, bei dem einander komplementäre DNA-Stränge durch Paarungen komplementärer Basen (A mit T und G mit C) über Wasserstoffbrückenbindungen aneinander gebunden sind. In ihrer vererbbaren Form besteht die DNA aus Millionen dieser Bausteine, die in langen Ketten aneinander hängen, vielfach um Proteine gewunden sind und in Form von Chromosomen in den Tellen vorliegen. Die Reihenfolge der Nukleotide stellt den Bauplan eines Individuums dar.

Beim Menschen findet man in zwei Zellkompartimenten DNA: In den Mitochondrien befindet sich eine kleine Menge DNA, die mitochondriale DNA, die ausschließlich über die mütterlichen Eizellen vererbt wird. Die DNA, die für eine Vaterschaftsanalyse benötigt wird, liegt im Zellkern vor. Diese Kern-DNA teilt sich auf 23 Chromosomen auf, von denen jedes Chromosom in doppelter Ausführung vorliegt. Eine Ausnahme bilden die Geschlechtschromosomen X und Y. Frauen besitzen zwei X-Chromosomen, Männer dagegen ein X- und ein Y-Chromosom. Jeweils ein Chromosom eines Chromosomenpaares stammt von der Mutter, das andere vom biologischen Vater. Männer erben ihr X-Chromosom immer von der Mutter und das Y-Chromosom vom Vater.

Nicht alle Bereiche der DNA enthalten Informationen über persönliche Eigenschaften wie Dispositionen für Krankheiten oder körperliche Merkmale (so genannte Gene). Man schätzt den Anteil solcher Bereiche im Genom auf lediglich 10%. Die übrigen DNA-Regionen haben nach heutigem Kenntnisstand keine bekannte Funktion. In ihnen sind jedoch Abschnitte enthalten, die es in einer Vielzahl unterschiedlicher Varianten gibt. Untersucht man mehrere solcher polymorpher Abschnitte, ergibt sich ein für ein Individuum charakteristisches Bild, welches als genetischer Fingerabdruck bezeichnet wird. Heute kennt man zahlreiche hochvariable und relativ kurze Abschnitte von wenigen hundert Basenpaaren Länge, die vergleichsweise unkompliziert einer Analyse zugänglich sind (so genannte STR). In der Verbrechensbekämpfung findet der genetische Fingerabdruck auf der Basis solcher STR als erfolgreiches Mittel zur Identifizierung von Straftätern Verwendung.

STR werden nach den gleichen Regeln wie andere genetische Merkmale vererbt. Sie eignen sich daher nicht nur für die Identifizierung einzelner Personen, sondern auch für einen Nachweis verwandtschaftlicher Beziehungen.

Methodik

Eine DNA-Analyse auf STR-Basis kann grundsätzlich mit jedem Gewebe durchgeführt werden, das Zellkerne und damit Kern-DNA enthält. Die DNA wird zunächst aus den Zellkernen gelöst und gereinigt. Sie steht dann für Analysen zur Verfügung.

Damit man die oben genannten STR untersuchen und vergleichen kann, müssen sie zunächst vervielfältigt und farblich markiert werden. Dies erfolgt mittels der Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Die hier vervielfältigten Abschnitte enthalten so genannte Repetitivsequenzen. Das sind DNA-Abschnitte, in denen sich ein bestimmtes, kurzes Basenmuster mehrfach wiederholt, z.B. CATG CATG CATG usw.. Die verschiedenen Varianten (Allele) eines solchen Merkmalsystems unterscheiden sich in der Anzahl der Wiederholungen dieser Basenmuster, letztlich also in ihrer Länge. Diese Längenunterschiede können im Anschluss an die PCR auf Grund der dabei erfolgten farblichen Markerung durch eine elektrophoretische Auftrennung der DNA-Fragmente sichtbar gemacht werden.

Eine DNA-Vaterschaftsanalyse soll nach den aktuellen Richtlinien der Gendiagnostik-Kommission die Analyse von mindestens 15 STR-Systemen umfassen. Wir untersuchen jedoch regelmäßig 16 der beschriebenen genetischen Merkmalsysteme sowie den Geschlechtsmarker Amelogenin. Die Vervielfältigungsreaktion erfolgt in einer so genannten Multiplex-PCR, einem Verfahren, bei dem alle 17 enzymatischen Reaktionen gleichzeitig in einem Reaktionsgefäß stattfinden. Die elektrophoretische Auftrennung und Analyse der in der PCR vervielfältigten DNA-Abschnitte erfolgt wie bei BKA, LKA und der Rechtsmedizin in Frankfurt auf einem ABI Prism 3100 Genetic Analyser. Die verschiedenen Arbeitsschritte, DNA-Präparation, PCR-Ansatz und Detektion der PCR-Produkte, erfolgen in voneinander getrennten Räumen.

Auf Grund der hohen Variabilität der untersuchten Merkmalsysteme findet man bei den meisten Menschen zwei unterschiedliche Allele eines Merkmalsystems, eines von der Mutter und eines vom Vater. Erbt man von beiden Eltern dasselbe Allel, findet man nur dieses. In einem solchen Fall wird die betreffende Person als reinerbig oder homozygot für dieses Merkmal bezeichnet.

Vergleicht man den genetischen Fingerabdruck eines Kindes mit dem seiner Mutter, findet man in jedem Merkmalsystem ein Allel, das das Kind mit der Mutter gemeinsam hat. Diese hat es demnach von der Mutter geerbt. Das andere Allel stammt vom biologischen Vater und muss bei diesem nachgewiesen werden können. Verfügt ein Mann über alle Merkmale, die ein Kind von seinem biologischen Vater geerbt hat, kommt er als dessen Erzeuger in Betracht. In Abhängigkeit von der Häufigkeit eines bestimmten Allels in der Bevölkerung lässt sich mittels biostatistischer Methoden die Wahrscheinlichkeit einer Vaterschaft berechnen. Liegt diese über 99,9%, so gilt eine Vaterschaft als “praktisch erwiesen”. Mit modernen Analyseverfahren, wie sie in unserem Labor Einsatz finden, wird jedoch meist ein weitaus höherer Wert erreicht.

Verfügt ein Mann in mindestens vier untersuchten Merkmalsystemen nicht über das Allel, welches das Kind von seinem biologischen Vater geerbt hat, ist eine Vaterschaft ausgeschlossen. Eine statistische Bewertung ist im Falle eines Ausschlusses nicht erforderlich, da dieser sicher ist.

Bei den von uns zunächst generell untersuchten Merkmalsystemen handelt es sich um D10S1248, vWA, D16S539, D2S1338, D8S1179, D21S11, D18S51, D22S1045, D19S433, TH01, FGA, D2S441, D3S1358, D1S1656, D12S391 und SE33 und FGA. Alle Merkmalsysteme werden unabhängig voneinander vererbt; eine Kopplung bestimmter Allele eines Merkmalsystems gibt es nicht, die Vererbung dieser genetischen Marker folgt Mendelschen Regeln. Damit sind sie ausgezeichnet für den Nachweis von verwandtschaftlichen Beziehungen geeignet.

Ein Abschnitt des Amelogenin-Genes wird ebenfalls untersucht. Von diesem Merkmalsystem existieren nur zwei Allele, eines charakteristisch für das Y-Chromosom, das andere für das X-Chromosom. Die Analyse dieses Genortes dient daher lediglich der Verifizierung des Geschlechts.

Sollen Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Männern untersucht werden, stehen uns 17 STR-Systeme zur Verfügung, die auf dem Y-Chromosom lokalisiert sind. Dieses Analyse-System bietet besonders dann ein hohes Maß an Sicherheit, wenn Fragestellungen wie Bruder/Bruder, Großvater/Enkel oder noch weiter entfernte Verwandtschaftsbeziehungen zur Untersuchung kommen sollen.

Neben den geschlechtsspezifischen Merkmalen, die auf dem Y-Chromosom zu finden sind, besteht auch die Möglichkeit, zwölf Merkmalsysteme auf dem X-Chromosom zu untersuchen. Diese stellen ein potentes Mittel dar, wenn die Abstammung eines Mädchens untersucht werden soll und der Putativ-Vater nicht zur Verfügung steht, dafür aber andere weibliche Verwandte.

TWGDAM Validierung

Die “Technical Working Group on DNA Analysis Methods (TWGDAM)” erarbeitet und veröffentlicht Richtlinien zur Qualitätssicherung von DNA-Analysen. Diese Richtlinien regeln, welche Kriterien ein STR-System erfüllen muss, um für die Identifikation von Personen oder für die Abstammungsbegutachtung geeignet zu sein. Wir verwenden nur STR-Systeme, die diesen Anforderungen entsprechen.